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| Dienstag, 03.06. |
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Tach zusammen!
Geweckt wurde der Großteil unserer Community durch folgenden Spruch von Janek: Es gibt ein „moderate risk“ für unser Zielgebiet!!! Ein derartiger Spruch hat natürlich wundersame Wirkung, selbst auf den verschlafensten Drops. Der Chef vom Dienst hat schnell ein paar Karten gezeichnet um das „moderate risk“ zu verifizieren und innerhalb kürzester Zeit waren wir startklar. Bedingt durch die Entfernung unseres Zielgebietes im westlichen TX-Panhandle, Oklahoma ist bis zum heutigen Tag von jeglichen „slight risks“ ausgenommen gewesen, ging es um 10:00 Uhr plangemäß los. Ca. 350 Meilen langweiligen „Highway-Cruisens“ lagen vor uns und schon nach 5 Stunden waren wir nördlich von Lubbock, in Hereford, angekommen um die Chasermahlzeit einzunehmen. Entgegen den Vorhersagen hatte sich unerfreulicherweise nerviger Stratusdreck bis hierhin gehalten, denn die Auslösung sollte durch kräftige „Heizung“ von unten erfolgen. Die Wende zum Besseren zeichnete sich schon während des Essens ab, die gelbe Sau ließ sich in der Tat nun nicht mehr vom Stratusdreck beeindrucken und die 30°C-Marke kam in Reichweite. Kurz in der örtlichen Bibliothek ein Daten-Update geholt und anschließend wenige Meilen südwärts gefahren. Dort wollten wir die Initalisierung abwarten und dann entscheiden welcher Superzelle wir folgen. Südlich von Lubbock tobte seit geraumer Zeit eine Superzelle mit Baseball-Hail und Damaging Wind. Aufgrund der nördlichen Erstreckung unseres Zielgebiets und der SPC-Vorhersage überließen wir diese Zelle ihrem Schicksal. Unser Schicksal wollten wir selbst in die Hand nehmen. Und es sollte gg. 17:30 Uhr soweit sein. Wie erwartet bildete sich nordwestlich unseres Standortes, an der Grenze zu New Mexico, eine prächtige Zelle mit Overshoot und Anvil. Nach erstaunlich kurzer Zeit näherten wir uns nahe Friona dem südöstlichen Rand. Leichte Enttäuschung machte sich breit, denn ausser einer dreigeteilten Cloudbase und geringer Blitzaktivität deutete wenig auf die erhoffte Superzelle hin.
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Trotzdem schnell die Gerätschaften ausgepackt und mit dem Fotoshooting begonnen. Der Inflow schien zuzunehmen, der ausfallende Niederschlag in den nächsten Minuten ebenfalls. Als die Blitzrate und –entfernung die „Sicherheitsgrenze“ überschritten hat, ging es der Zelle voraus in südwestliche Richtung. Highways und Farmroads gab es hier ausreichend, sowohl einer notwendigen Flucht als auch einem erfolgreichen Chase waren kaum Grenzen gesetzt. Die folgenden 2-3 Stunden lassen sich chronologisch schwer sortieren, daher ab hier nur noch übersichtsweise. Der grundlegende Ablauf war wie vor zwei Tagen, abwechselnd Fahren und Anhalten in Zugrichtung der Zelle. Zur Orientierung: Das ganze spielte sich fast ausschließlich auf der Farmroad 303 ab, der wir in südlicher Richtung folgten. Die Niederschlagsintensität unter dem linken Teil der Cloudbase und die Blitzrate nahm weiter stark zu, eine gewisse Struktur wurde erkennbar.
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Der Downdraft bewegte sich in östliche, die langsam erkennbare (vermutete) Mesozyklone in südliche Richtung (stormsplitting). Wenn auch keine ausgeprägte, so aber doch sichtbare Rotation war vorhanden, nach allen Indizien musste es sich um eine Superzelle handeln. Spiralbänder aufgewirbeltem Staubs zogen mit tierischer Geschwindigkeit aus allen Richtungen in das Aufwindzentrum. Die Untergrenze wurde dunkler und es bildete sich eine Art Wallcloud. Die Form erinnerte stark an die klassische LP (low precipitation)-supercell. Mittlerweile begegneten uns auf der 303 ganze Schwärme von Chasern, die nun wohl auch geschnickt hatten was geht (vielleicht waren sie vorher auf der SW-Seite?)! Das nächste Stadium war von nachlassender Aktivität, aber zunehmdener Ausformung bisher nur von Bildern bekannter Merkmale geprägt.
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Wir wollten von diesen Anblick trotz einsetzender Dämmerung nicht loslassen. Was wiederum nicht ganz verkehrt war, denn wie wir schon mehrfach erlebt haben scheinen derartige Zellen Zeiten vermeintlicher Ruhe zum Neuaufbau zu nutzen.
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So kam es zum erneuten kräftigen Downdraft und nach Sonnenuntergang konnte man sogar einen gigantischen Hailshaft auf der Rückseite der „bell cloud“ sehen, der vom Amboss bis Boden reichte. Da wir gleichzeitig die Rückfahrt eingeläutet hatten, zeigte „unsere“ Zelle mit zunehmender Entfernung noch einmal phantastische Strukturen. Wir hatten es tatsächlich geschafft, über drei Stunden dieser Zelle zu folgen und es sollte sich herausstellen, dass es die beste Zelle war. Uns war weder bewusst das es drei Stunden gedauert hat, noch dass wir weit über 50 Meilen vor der Zelle herfuhren. Blieben noch 400 Meilen bis nach Norman, die wir fast schon routiniert in 6 Stunden runtergerissen haben. Begleitet wurden wir auch diesmal wieder über die erste Hälfte der Strecke (das ist wahrscheinlich die Belohnung für einen erfolgreichen Chase) von Stroboskop und Niederschlag. Im Hotel dann der obligatorische Internet-Check: Und wie gerade schon erwähnt, „unsere“ war die beste Zelle! Es wurden 4 Tornados und Large Hail aus diesem Teil beobachtet, wobei sich für uns als einzige wirkliche (leichte) Enttäuschung die Frage stellte, wo genau diese zu sehen gewesen sein sollen? Schließlich waren wir fast von Anfang an dabei und zu den entsprechenden Beobachtungszeiten auch dort, aber alles was wir gesehen hatten war lediglich ein Gustnado. Entweder sie waren eher auf der SW-Seite zu sehen (vielleicht sind wir deswegen erst später auf die anderen Chaser gestoßen?), oder hinter Staub und Niederschlag verdeckt gewesen. Es wird wohl ein Geheimnis bleiben. Den Erfolg und die Freude über das Erlebte schmälert es in keinster Weise. Noch zufriedener als beim letzten Mal schlummerten wir diesmal gg. 05:00 Uhr in unseren Hotelbetten ein.
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