19.05.-22.05., part I
19.05.-22.05., part II
Samstag, 23.05.
Dienstag, 26.05.
Mittwoch, 27.05.**
Freitag, 29.05.**
Dienstag, 02.06.
04.06.-07.06., part I
Freitag, 29.Mai

Hola Hola!

Bericht- und ereignisarm ging der vorangegangene Donnerstag vorüber. Eine zu lange Anfahrt ließ uns keine Chance auf die preferabelste Zelle des Tages (West-Kansas) und auch das passende Setup südlich von ihr führte nur zu linienhafter Schmalspurquellung. Eine Bilderbuch-Outflow-Boundary mit eingebauter Luftmassenzerstörung setzte dem Chasetag ein verhältnismäßig schnelles Ende. Immerhin gab es noch ein wenig Kelvin-Helmholtz-Gewelle als Zwischenunterhaltung.

Aber direkt zum eigentlichen Thema, dem Freitag, dessen episches Ende bei Aufbruch freilich niemand erwartet hat. Ein High-Plains Chase stand auf dem Programm, was uns in der Vergangenheit nette Ergebnisse beschert hat und mit brauchbarem Setup jeder MDT-Lage vorzuziehen ist. Scherung, Moisture-Supply und orographische Auslösung waren vorhanden. Das moderate CAPE würde vor allzu wüster Explosivität schützen. Passt. Ein Ratespiel ist allerdings, welcher der aus den Bergen ziehenden Türme schlussendlich das Rennen machen würde. Angekommen in Tucumcari, boten sich 3 Auswahlmöglichkeiten (das Bild zeigt eine davon).

Ohne Radarupdate und mit leicht eingeschränkter Sicht aufgrund hügeligem Terrain, hieß es irgendwann Entscheidung treffen. Eine zu linienhaft, eine mit alternder Meso und eine mit recht zackiger Südverlagerung. Nimmt man letztere, ist der Rest verloren. Win or lose. Gold or Buuuh's. Zum Glück hatten wir zwei anhängliche Kläffer in unserer Warteposition, die uns irgendwann einfach zu lästig wurden und zur Entscheidung zwangen. Süd sollte es sein, was erfahrungsgemäß das geringste Bust-Potenzial bedeutet.

Beim Ranfahren deutete sich eine notierenswerte Wallcloud an, die sich kurz darauf in ihrer rotierenden Schönheit vor uns ausbreitete. Bis dahin ging der Plan also erstmal auf.

Das Teil konnte nun recht bequem Richtung Süden Richtung McAlister verfolgt werden und zeigte sich dabei von seiner allerbesten Classic-Supercell Seite, später zwar etwas an Fahrt verlierend, aber strukturell noch immer von ansprechender Erscheinung.

Ganz ungestört konnte "unsere" Basis ihre Rotationskreise bald nicht mehr ziehen, da sich vorlaufend im Süden neue Aufwindtürme gebildet haben. Deren Rückseite bot durchaus eine pittoreske Perspektive.

Soweit zufrieden mit der Tagesausbeute, sind wir gemächlich den neuen Zellen hinterher, ohne recht zu wissen, ob Punch mit neuerlicher Vorderseitenchance oder Rückseiten-Lightshow die bessere Option ist. Die Straßensituation ließ durchaus die Vorderseitenoption zu, wenn auch mit gewissem Hagelrisiko. Anfangs hieß es nur den Flash-Flood induzierten Pfützen auszuweichen, während später die Frage der Hagelsituation etwas akuter wurde. Der Weg vor die nach wie vor interessant aussehende vordere Aufwindbasis verhieß ein konsiderables Hagelrisiko, was uns für einen Moment veranlasste die Safety-Route zu wählen, mit dem kleinen Flaschenhals, dass es keine baldige Südoption mehr geben würde.

Da der Risiko-Mix im Team ist gut durchmischt ist, wurde die Situation noch einmal kurz durchdacht und gemeinschaftlich entschieden die letzte Chance zu nutzen und irgendwie vor die Zelle zu huschen. Ein Team-Member kam dabei ziemlich ins Schwitzen, denn nicht nur schimmerte es über uns hübsch grünlich, sondern es fing tatsächlich an kleine Hagelsteinchen zu regnen. Ziemlich infernalischer Sound, trotz geschätzter Größe von weniger als 1-1.5cm Durchmesser. Aber wir hielten tapfer durch ... nur um uns im nächsten Moment dem nächsten kleinen Ungemach gegenüber zu sehen. Fast direkt über uns führte die Mesozyklone unserer Zielzelle einen imposanten Rotationstanz mit mannigfaltigen Vortex-Kontraktionen auf. Nun hieß es Augen zu und durch, denn selbst wenn noch was Rüsselartiges entstehen sollte, würde es ein wenig dauern mit der Entwicklung. Den Mustang schnell auf Trab gebracht sowie den Dodge ordentlich gefordert, erreichten wir die Vorderseite. Dass sich der Ritt gelohnt hat, war schnell Gruppenkonsens und dürfte anhand der folgenden beiden Bildeindrücke bestätigt werden.

Die Meso rotierte tatsächlich ziemlich violent, was im Kontrast mit Sonne und Regenbogen einen surrealen Eindruck ergab. Das war allerdings nicht mehr als das bescheidene Vorspiel. Was sich in den darauffolgenden 15-20 Minuten abspielte, kann getrost als Lifetime-Spektakel bewertet werden. Haben wir bereits bei Campo 2010 gesagt, was es beim zweiten Mal nicht weniger treffend macht. Keine 2km von uns entfernt, schraubt sich aus der zuvor unterquerten Meso gemächlich ein laminarer Elefant Trunk Tornado nach unten, bis er nach ein paar Minuten auskondensiert den Boden erreicht. Perfektes Licht, perfekte Position, perfektes Timing. Worte sind zu wenig, um die Eindrücke wiederzugeben. Wir lassen daher die Bilder sprechen.

Das war wohl der Jackpot, in Anbetracht der Tatsache, dass im Prinzip alles gepasst hat. Ein paar Minuten später und wir hätten nur noch die unfotogene Rückseite zu Gesicht bekommen. Fehlender Mut den Hagel und die Meso zu durchqueren, selbes Ergebnis. Die falsche Entscheidung am vorangegangenen Abzweig und wir hätten das Teil vollkommen verpasst. So haben wir zum zweiten Mal in der SChaPLe-Historie wohl einen der fotogensten Tornados der Saison erhascht, weswegen es wohl nur zu verständlich ist, dass uns das Strahlen den Rest des Abends nicht mehr von den Gesichtern gewichen ist. Der teamübergreifende Risikokonsens hat sich allumfassend bezahlt gemacht.

Es blieb natürlich auch diesmal genug Zeit, um den Mustang wie geplant vor dem Tornado ins wortwörtlich rechte Licht zu rücken, was auch diesen Tag bzw Tagebucheintrag in Style beenden soll :-)